Zukunft gemeinsam gestalten
Eindrücke von der Auftaktveranstaltung „Eine Lokale Agenda 21 für Ludwigsfelde“

Dr. Gerold Fierment
Brandenburg 21 e.V., AG Brandenburgische Werkstatt Lokale Agenda 21

Unter dem Motto „Zukunft gemeinsam gestalten“ trafen sich am 20. Februar 2008 im Kulturhaus Ludwigsfelde ca. 80 Bürgerinnen und Bürger zur Auftaktveranstaltung für eine Lokale Agenda 21 in der traditionsreichen Industriestadt. Gut vorbereitet in einer vom Projektbüro „Global denken - lokal handeln“ gemeinsam mit dem Projektträger SPAS e.V. initiierten Kampagne, wurden die Interessen und Wünsche der Ludwigsfelder unmittelbar angesprochen. „Ludwigsfelde ist eine schöne Stadt und wir wollen, dass das so bleibt und noch besser wird“, stand in der Einladung. Die Angebote der Vereine an ihren Ständen im Saal und die engagierten und qualitätvollen Präsentationen während der Konferenz zeigten, dass in Ludwigsfelde von den Bürgern schon viel geleistet wurde und ideenreiche Akteurinnen und Akteure bereit sind, das in einem Lokale Agenda 21-Prozess weiter auszubauen und zusammenzuführen.

Für Bürgermeister Gerhard, der die Teilnehmer begrüßte, kommt der Bürgerbeteiligungsprozess in der Lokalen Agenda 21 zum richtigen Zeitpunkt, denn die Stadt ist dabei, das Leitbild 2020 weiter zu untersetzen. Die schon geleistete Arbeit am integrierten Stadtentwicklungskonzept (INSEK) bedarf noch der Einbeziehung der Bürger. Alle sind aufgerufen, so der Bürgermeister, „der Lokalen Agenda ein Gesicht zu geben“ und in ihrem Rahmen konkrete Projekte zu initiieren.

Bevor Erhard O. Müller vom Bundesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement sich als umsichtiger Moderator erwies, gab er einen gut verständlichen Einstieg in die Begriffswelt von Agenda 21 und nachhaltiger Entwicklung. Nachhaltige Entwicklung erfordere, so Müller Ökologie, Ökonomie und Soziales „zusammenzudenken“. Bürgerbeteiligung ermöglicht, deren Kompetenzen in die Zukunftsgestaltung einzubeziehen. Nach dem Leitbild der Bürgerkommune müsse der Dialog zwischen Bürgerschaft, Politik und Verwaltung „in Augenhöhe“ erfolgen. Gefragt ist eine Kultur des gegenseitigen Zuhörens. Es kommt auf jeden Einzelnen an - so das Resümee von E.O. Müller.

Herr Dr. Eberhard Grünert, Geschäftsführer von SPAS e.V. als Träger des Projektes sprach zum „Lokale Agenda 21“-Projekt im Kontext der Projektarbeit des SPAS e.V. Er stellte das Leistungsangebot des sozial und kulturell ausgerichteten Vereins (wie Mittagstisch, Seniorentreff, Selbsthilfegruppen, Nähstube …) vor. Herr Grünert sieht dieses Angebot zu Recht als Teil einer gelebten Lokalen Agenda 21 (LA 21) an. Der Agenda-Prozess solle sich, so Grünert, auf die vorhandenen Strukturen stützen, um dauerhafte Ergebnisse zu erreichen. Er machte auch darauf aufmerksam, dass sich in Ludwigsfelde neben Verwaltung und Bürgerschaft mit SPAS e.V. und dem Nehemiahof als „dritte Säule“ kirchliche Einrichtungen (der Caritas) am „Agenda 21“-Prozess beteiligen.

Herr Thielicke (Fachbereichsleiter Stadtentwicklung) und Frau Bös gaben einen Einblick in den Erarbeitungsstand des Integrierten Stadtentwicklungskonzeptes (INSEK) - im Internet unter http://static.ludwigsfelde.info/content/wirtschaft/INSEK.pdf - mit welchem bereits vorhandene Planungen zusammengeführt werden. Analyse des Ist-Standes und Bewertung der Potenziale führen hin zur Formulierung von Entwicklungsschwerpunkten bei den „harten“ und „weichen“ Standortfaktoren. Stichworte (ohne Anspruch auf Vollständigkeit) sind z.B. die Stärkung der Innovationsfähigkeit der ansässigen Wirtschaft (Campus Technik) und Herausbildung einer identitätsstiftenden Innenstadt.

Erfahrungsberichte aus Ludwigsfelder Vereinen verdeutlichten die vielfältigen Potenziale für die Ludwigsfelder LA 21:

Herr Zimmermann (1. Vorsitzender des Vereins Nehemiahof in Wietstock) stellte seine Einrichtung als überkonfessionell arbeitenden Zusammenschluss überzeugter Christen vor. Der Verein wurde mit dem Ziel gegründet, Menschen in Lebenskrisen für kurze oder auch für längere Zeit aufzunehmen Er will die dörfliche Sozialstruktur fördern und setzt sich für die Erhaltung der Natur ein. Die Arbeitsbereiche und Projekte sind auf die Einlösung dieses Anspruchs ausgerichtet (Wohneinheiten für Bedürftige, Jugendcamp, Spielscheune, Kinderreiten, Kleinkunst, Hoftheater, Ausbau der Gebäude …). Zimmermann sieht die Lokale Agenda 21 auch als eine Plattform für die Entwicklung von Werten für Menschen an, die den „inneren Kompass“ verloren haben.

Die Naturfreunde - eine Organisation mit Wurzeln in der Arbeiterbewegung - haben sich in der Regionalgruppe Teltow-Fläming organisiert, die gegenwärtig 41 Mitglieder zählt, wie Frau Päsler berichtete. Es sind „rüstige Rentner“ im Durchschnittsalter von 70 Jahren. (Dass die Natur auch junge Freunde hat, zeigt die starke Jugendgruppe in Potsdam.) Die Naturfreunde der Region wollen sich um die Sanierung des Pechpfuhls kümmern und haben sich schon zu einem Aktionstag am 29.03. verabredet. Die Luckenwalder Wanderfreunde haben einen Pflegevertrag für Wanderwege abgeschlossen und engagieren sich auch für Sauberkeit in der grünen Stadt. Herr Scheunemann berichtete, dass ein gemeinsames Projekt mit den Naturfreunden angestrebt wird.

Das „Haus der jungen Talente“ ist ein junger Verein mit einem Durchschnittsalter von 30 Jahren, versteht sich aber als Talentschmiede für jedes Alter. Herr Freyer sieht die Vernetzung mit anderen Vereinen als ein lohnendes Ziel der LA 21. Derzeit läuft beim Verein ein Theaterprojekt; die Arbeit mit Kindern ist geplant. Das Talente-Haus bietet den Vereinsraum Dichtereck als Ort der Begegnung für andere Vereine an und will die Patenschaft über Ludwigsfelder Plätze übernehmen.

Frau Kunze von der 1. Grundschule beeindruckte mit ihrem Bericht über 15 Jahre Theaterarbeit mit Schülern der 3. bis 6. Klassen. Auch die Kulissen werden selbst gebaut. Theaterspiel stützt den Deutschunterricht, stärkt die soziale Kompetenz der Schüler, lässt sie das Miteinader erleben. Helfer bei dieser sinnvollen Arbeit werden noch gesucht.

Das Kulturforum Ludwigsfelde e.V. will - wie Herr Flörke (im Beruf Leiter der Musikschule) berichtete - die kulturellen Aktivitäten von Ludwigsfelde miteinander vernetzen. Den Bürgern der Stadt soll ein Stück Heimat gegeben werden. Das Kulturforum habe sich als Kompetenzzentrum entwickelt, auf das Kulturanbieter zurückgreifen können. Projekte wie das Brückenfest sind zur Tradition geworden. „Provinz und Metropole“ will die Nähe zur Hauptstadt für das Kulturleben in der Stadt nutzen.

Im September 2008 wird Ludwigsfelde 80 Jahre alt. Frau Gärtner vom Geschichtsverein, die seit 60 Jahren in der Stadt lebt, setzte sich dafür ein, dieses Jubiläum zu feiern. Der Verein engagiert sich seit 6 Jahren mit veröffentlichten Broschüren dafür, dass mit der Kenntnis der Geschichte der Stadt auch der Stolz auf das Geschaffene entwickelt wird.

Den Reigen der Berichte schloss der Moderator mit der Aufforderung, all das in den „Agenda 21“-Prozess einzubringen.

Wenn etwas neu begonnen wird, ist es nicht schlecht, auch Erfahrungen anderer einzubinden. Herr Dr. Wazlawik berichtete über das Köpenicker Modell. 2008 wird die LA 21 Köpenick 15 Jahre alt. Herr Wazlawik hat das Köpenicker Modell wesentlich mitgestaltet, das sich auf die Bürgerschaft, Politik/Verwaltung und die Akteure des konziliaren Prozesses zur Bewahrung der Schöpfung stützt. Drei Botschaften zur Lokalen Agenda sind Wazlawik wichtig:

  • Der Agenda-Prozess soll bis zu einem inhaltlichen Dokument geführt werden, das die Verwaltung bindet (Beschluss).
  • Die Zivilgesellschaft muss sich im Agenda-Prozess organisieren.
  • Die Agenda solle sich auf alle Lebensbereiche beziehen und von der Ethik der nachhaltigen Entwicklung getragen sein.

Herr Wazlawik schilderte sein persönliches Engagement (als Mitarbeiter des Bundesumweltministeriums) für die Entwicklung der interkulturellen Gärten. Inzwischen gilt Berlin als Hauptstadt dieser - von Bürgern mit unterschiedlichem Migrationshintergrund gestalteten - Gärten. Gegenwärtig werden in Köpenick Projekte entwickelt, in denen Langzeitarbeitslose entsprechend ihren Kompetenzen tätig sind.

Dr. Gerold Fierment (Brandenburg 21 e.V.) sprach zu der Entwicklung AG Brandenburgische Werkstatt Lokale Agenda 21 seit der Gründung 1999 (Text unter gesondertem Link in der Rubrik „Aktuelles“). Beate Fritz (Landesinstitut für Schule und Medien) stellte das Programm Transfer 21 „Zukunft gemeinsam gestalten“ vor, in dem Lehrer und Schüler von 12 Schulen im Land mit Anleitung durch das Institut an Nachhaltigkeitsprojekten in unterschiedlichen Handlungsfeldern arbeiten (www.transfer-21-bb.de).

So wie es das Programm vorsah, trafen sich die Teilnehmer nach dem Plenum in Arbeitsgruppen. Man einigte sich auf die Themen

  • Natur, Umwelt und Erholung,
  • Soziales Engagement,
  • Stadtentwicklung,
  • Jugendliches Engagement,
  • Bürgerbeteiligung.

Die AG waren trotz der schon fortgeschrittenen Stunde konzentriert bei der Sache. Der Verfasser war in der AG Stadtentwicklung, wo die Bearbeiter des INSEK eine Fülle von konkreten Vorschlägen entgegen nehmen konnten. In den meisten AG wurden Termine für die nächsten Zusammentreffen vereinbart.

Die Veranstaltung schloss mit einem Glas Sekt und einem Toast des Bürgermeisters Frank Gerhard auf eine erfolgreiche weitere Arbeit.

Kontakt:
Dr. Gerold Fierment
Tel.: 03341 - 42 17 01
E-Mail: Gerold.Fierment{ }gmx.net

 Fenster schließen ...