Impulse durch Erfahrungsaustausch:
Brandenburgische Werkstatt Lokale Agenda 21

Beitrag zur Veranstaltung “Zukunft gemeinsam gestalten” - Kampagne für eine Lokale Agenda 21 in Ludwigsfelde; Kulturhaus Ludwigsfelde, 20.02.2008

Dr. Gerold Fierment
Brandenburg 21 e.V., AG Brandenburgische Werkstatt Lokale Agenda 21

Auch im Land Brandenburg sind in der 2. Hälfte der 90er Jahre Städte, Gemeinden und Landkreise dem Appell der Agenda 21 (die 1992 auf der UN-Konferenz für Umwelt und Entwicklung verabschiedet worden war) gefolgt, einen Dialog zwischen Verwaltung, lokaler Politik und Bürgern über die Zukunft ihres Gemeinwesens als Lokale Agenda 21 zu beginnen. Dazu fassten die kommunalen Parlamente entsprechende Beschlüsse. In einigen Kommunen - wo sich die Verwaltungen auch inhaltlich engagierten - wurde der Diskurs bis hin zu einem Handlungsprogramm geführt, das von den Abgeordneten beschlossen werden konnte (z.B. Oranienburg, Strausberg, Landkreis Elbe-Elster). In der Stadt Strausberg wurde der Bürgermeister von den Abgeordneten zur jährlichen Berichterstattung über die Umsetzung der Agenda verpflichtet.

Einen Lokale Agenda 21-Prozess mit den Bürgern zu gestalten, gehört bekanntlich nicht zu den “Pflichtaufgaben” der Verwaltung. Infolgedessen blieb es den Einsichten über die Bedeutung einer nachhaltigen Entwicklung für unsere Zukunft und der Initiative von Akteurinnen und Akteuren in Verwaltungen, lokalen Parlamenten und Bürgern überlassen, ob eine Lokale Agenda 21 auf den Weg gebracht wurde.

So gab und gibt es durchaus Verwaltungen, die den Diskurs mit den Bürgern nicht führen wollen oder befürchten, “Macht abgeben” zu müssen und deshalb keinen Lokale Agenda 21-Prozess begonnen haben. Sie erkennen nicht die Chancen, die in der Aktivierung des bürgerschaftlichen Engagements für eine nachhaltige Entwicklung im Sinne der Agenda 21 liegen. Ich denke in Ludwigsfelde ist das anders - wie die heutige Veranstaltung zeigt.

Als sich ab etwa 1997/98 Lokale Agenda 21-Strukturen in Brandenburger Kommunen bildeten, entstand auch ein großes Bedürfnis nach Beratung und Erfahrungsaustausch. Verstärkt wurde dieser Bedarf durch den Einsatz von ABM-Kräften, die sich in die unbekannte Materie Lokale Agenda einarbeiten wollten.

Mit diesem Hintergrund haben Akteurinnen und Akteure aus Wissenschaft, Beratung und lokalen Initiativen 1999 die “Brandenburgische Werkstatt Lokale Agenda 21” als ein informelles Netzwerk ins Leben gerufen. Gegründet wurde sie im September im Ökodorf Brodowin (im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin) von Akteurinnen und Akteuren aus 22 Städten/Gemeinden, Landkreisen, Wissenschafts- und Bildungseinrichtungen sowie Vereinen.

Wir bekannten uns zu folgenden Zielen bzw. Aufgaben:

  • Erfahrungsaustausch und Vernetzung zwischen Lokalen Agenda 21-Initativen im Land Brandenburg durch den persönlichen Kontakt von Akteurinnen und Akteuren
  • Lobbyarbeit für förderliche politische Rahmenbedingungen einer nachhaltigen Entwicklung im Land Brandenburg
  • Beteiligung am überregionalen Erfahrungsaustausch
  • Vermittlung von Experten, Beratung und Moderation

Die Lokale Agenda 21-Prozesse im Land Brandenburg konzentrieren sich auf den Raum rund um Berlin und einige größere Städte und Landkreise in den anderen Regionen (siehe auch www.la21bb.de/prozesse). Die Brandenburgische Werkstatt Lokale Agenda 21 bemüht sich, Akteurinnen und Akteure aus dem gesamten Land in den Austausch einzubeziehen.

Lobbyarbeit für günstige Rahmenbedingungen einer nachhaltige Entwicklung vor Ort ist wesentliches Anliegen der Werkstatt seit ihrem Bestehen: Schon 1999 erarbeiteten wir ein Positionspapier mit dem Titel “Agenda 21 - Herausforderungen für die Brandenburger Politik”. Wir forderten dort eine stärkere Unterstützung der Politik für die Lokale Agenda 21 und deutliche landespolitische Rahmensetzungen, um die Akzeptanz von Lokale Agenda 21-Prozessen in den Kommunalverwaltungen zu erhöhen. Benannt haben wir auch die besonderen Probleme in den ländlich geprägten Räumen und mahnten deren ganzheitliche, ressortübergreifende Behandlung unter Einbeziehung der Bürger und eine fördernde Begleitung von Initiativen an.

Mitglieder der Agenda-Werkstatt hatten die Möglichkeit, ihre Stellungnahme im April 2000 dem Umweltminister Birthler zu übergeben. Der Minister versprach, sich für eine stärkere Beachtung des Grundsatzes der Nachhaltigkeit in der Landespolitik einzusetzen und lokale Initiativen stärker - auch finanziell - zu unterstützen.

Seit 2001 werden nun Lokale Agenda 21-Prozesse und -projekte in der Aktion “Nachhaltige Entwicklung - Lokale Agenda 21 im Land Brandenburg” durch die Landesregierung aus Lottomitteln gefördert. Projektträger war für 2 Jahre der WWF Deutschland; seitdem ist es die Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung (ANU) Brandenburg.

Die Brandenburgische Werkstatt Lokale Agenda 21 hat seit ihrer Gründung auf ehrenamtlicher Basis eine Vielzahl von Erfahrungsaustausch-Treffen in Städten/Gemeinden und Landkreisen gemeinsam mit den Initiativen “vor Ort” durchgeführt - 2007 in Kremmen (LK Oberhavel) und in Cottbus.

Als Kooperationspartner waren wir an weiteren Veranstaltungen mit dem Gegenstand Lokale Agenda 21, nachhaltige regionale Entwicklung und bürgerschaftliches Engagement beteiligt:
  Im Mai 2002 fand vor dem Weltgipfels in Johannesburg in Lauchhammer unter Mitwirkung der Agenda-Werkstatt der erste “Lokale Agenda 21-Tag in Ostdeutschland” statt - ausgerichtet von der Lokalen Agenda 21 Lauchhammer e.V., der Friedrich-Ebert-Stiftung und WWF Deutschland.

2003/04 beteiligten wir uns an der Vorbereitung und Durchführung von Regionalkonferenzen zum bürgerschaftlichen Engagement für eine nachhaltige Regionalentwicklung in den fünf regionalen Planungsgemeinschaften des Landes. Wir gewannen in den fünf Regionen beheimatete Lokale Agenda 21-Akteure zur Beteiligung und am Austausch mit potenziellen Partnern in den jeweiligen Regionen.

Die Konferenzen (unter der Federführung der Friedrich-Ebert-Stiftung und der Heinrich-Böll-Stiftung Brandenburg) standen unter dem Motto “Zukunft braucht Beteiligung”. Eine positive Erfahrung aus den Veranstaltungen war: Die anwesenden Landräte, Regionalen Planungsgemeinschaften, Vertreterinnen und Vertreter aus Wirtschaft und Verwaltung sowie zivilgesellschaftliche Akteurinnen und Akteure bekannten sich zum bürgerschaftlichen Engagement als unverzichtbar für ein zukunftsfähiges Brandenburg.

Auf einer landesweiten Konferenz im Juni 2004 in Potsdam - als Resümee der regionalen Tagungen - ermutigte der Ministerpräsident das bürgerschaftliche Engagement und führte u. a. aus, dass das Netzwerk für eine nachhaltige Entwicklung im Land aus den vielen kleinen Projekten entsteht.

Zur schnelleren Vermittlung von Erfahrungen und Informationen hat die “Brandenburgische Werkstatt Lokale Agenda 21” 2003 das Internetportal “Nachhaltigkeit in Brandenburg” ins Leben gerufen (www.la21bb.de).

Die Einrichtung des Portals (Betreiber ist die Fa. BUPNET) wurde durch die Landesregierung gefördert. Die Webseiten enthalten “Porträts” von Lokale Agenden 21-Prozessen aus Städten, Gemeinden und Landkreisen. Die Gliederung der Porträts ist mit Akteuren aus den Kommunen abgestimmt worden und soll jeweils wesentliche Elemente einer funktionierenden Lokalen Agenda 21 und auch deren Vielfalt widerspiegeln. Weiterhin können von den Akteuren interaktiv auch Beschreibungen ihrer Projekte eingegeben und bekannt gemacht werden. Als Service wird die gezielte Recherche nach Know How wird durch eine umfangreiche Liste von kommentierten Links erleichtert. Zur Lokalen Agenda 21 und nachhaltigen Entwicklung verfasste Arbeiten können herunter geladen werden.

Seit 2007 ist die Agendawerkstatt eine Arbeitsgemeinschaft des 2006 gegründeten Vereins zur nachhaltigen Lokal- und Regionalentwicklung im Land Brandenburg, kurz Brandenburg 21 genannt. Die AG Werkstatt sucht noch aktive Mitstreiter, die sich über die Aktivitäten vor Ort hinaus auch für die landesweite Vernetzung engagieren wollen.

Wir planen, in diesem Jahr (in Kooperation und Arbeitsteilung mit der Arbeitsgemeinschaft Natur- und Umweltbildung (ANU) Brandenburg) erstmals einen Brandenburger Lokale Agenda 21- und (lokalen) Nachhaltigkeitstag zu organisieren, voraussichtlich am 3. Juli in Potsdam im Haus der Natur. Wir würden uns freuen, wenn sich auch Ludwigsfelder Akteurinnen und Akteure mit ihren Erfahrungen und Ideen daran beteiligen.

Kontakt:
Dr. Gerold Fierment
Tel.: 03341 - 42 17 01
E-Mail: Gerold.Fierment{ }gmx.net

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