22.02.2008 Kommentieren Versenden Drucken

Pfifferlinge, Grundstücke und der Weltfrieden

Bürgerschaftsengagement/ Ludwigsfelde klinkt sich mit Pechpfuhl- oder Enkel-Opa-Projekt in den globalen Agenda-21-Prozess ein

LUDWIGSFELDE -

Ob Brückenfest oder Pechpfuhl-Reinigung, Enkel-Opa-Projekt oder Naturbad – wer ab jetzt in Ludwigsfelde ehrenamtlich etwas auf die Beine stellt, der darf sich als Teil eines Ganzen fühlen. Nur diesen Eindruck konnte gewinnen, wer die Einladung annahm und sich den Mittwochnachmittag bis -abend im Kulturhaus mit dem Motto Global denken – lokal handeln befasste.

In wenigen Wochen hatte es der Verein Waldhaus geschafft, Dutzende Vereine und Gruppen zu bewegen, sich unter dem Gedanken der UN-Umweltkonferenz von Rio de Janeiro gemeinsam zu präsentieren. Und gemeinsam aufzurufen, für die Kleinstadt Ludwigsfelde eine Vision fürs 21. Jahrhundert zu entwickeln.

Moderator Erhard O. Müller vom bundesweiten Netzwerk Zukunft erklärte: „Agenda 21 ist der Versuch, vom Gegeneinander wegzukommen.“ Es müsse gelingen, weltweit Bürgerkompetenz über lokale Projekte in die Zukunftsgestaltung einzubringen. „Das heißt Dialog zwischen Bürgerschaft, Politik, Verwaltung und Wirtschaft auf Augenhöhe.“

Gunter Pistorius hatte über den Nehemiahof und den Verein Waldhaus den Anstoß für die Ludwigsfelder Agenda gegeben. Er erklärte im MAZ-Gespräch: „Es geht um Gerechtigkeit, Frieden und die Bewahrung der Schöpfung. Aus diesem Tag in Ludwigsfelde müsste ein Initiativkreis entstehen als Dach für die heute beginnenden Arbeitsgruppen.“

Die Ludwigsfelder Naturfreunde zum Beispiel wollen das Gebiet am Pechpfuhl sauber bekommen. Wie, das erläuterte Vereinsvorsitzende Regina Päsler. Werner Zimmermann, Chef des Nehemiahofes in Wietstock und Mitinitiator der Veranstaltung, erklärte, gebraucht würden eigenständig denkende junge Menschen, „keine Konsumidioten“. Der Nehemiahof plant das Projekt Enkel sucht Opa. „Oder Oma natürlich. Wenn sich 20, 30 Partner finden, dann starten wir“, sagte Zimmermann.

Vera Gärtner, Vorsitzende des Ludwigsfelder Geschichtsvereins, vermisst schmerzlich den Dorfteich. Und sie weiß bisher nicht, ob 1836 am Pechpfuhl eine Mühle oder eine Hütte stand. Sie sprach von weiteren Heften, die unbedingt zur Ortsgeschichte geschrieben werden müssten. Und erzählte von einem Weichenwärter, der sich in den 1920er Jahren vom Pfifferlingsammeln zwei Grundstücke kaufen konnte.

Klaus Wazlawiak, Initiator der Köpenicker Agenda 21 und seit DDR-Zeiten bürgerschaftlich engagiert, legte den Ludwigsfeldern ans Herz: „Sie brauchen ein Dokument, das die Stadtverordneten beschließen, sonst werden schöne Dinge gesagt, die sein könnten. Sie brauchen eine Arbeitsstruktur, und Sie brauchen Leitbilder, die Ihre Ethik festlegen für das gesamte Leben in Ludwigsfelde.“ Stadtverordneter Harald Kallmeyer (Vereinte Fraktion) nahm „viel mit nach Haus. Das Wichtigste für mich: Wir müssen für Ludwigsfelde gemeinsam handeln. Und müssen alles, was wir in der Stadt haben, noch besser bündeln.“ Stadtverordneter Peter Dunkel (Linke) verließ den Saal mit den Worten: „Das war eine mit sehr viel Herzblut organisierte Veranstaltung für Wissende. Leider fehlten die Bürger, für die sie gedacht war.“ Er überlegt, dass es jetzt an den Stadtverordneten sei, „diese interessanten Dinge an die Bürger heranzutragen“.

Klaus Rödel, früherer Baudezernent der Stadt, erklärte: „Wir hatten ja 1996 schon einmal Anlauf zu einem Agenda-Konzept genommen. Aber mit einer ABM-Kraft war das nicht zu schaffen. Das hier war schon was anderes.“ Er will sich in die Arbeitsgruppe Stadtentwicklung einbringen. Mario Böhm und Peter Fayer (korrigiert: Peter Freyer) gingen sehr zufrieden: „Wir wollten dieses Forum nutzen, unseren gerade gegründeten Verein Haus der jungen Talente vorzustellen, und das konnten wir.“ (Von Jutta Abromeit)



Ergebnisse

Arbeitsgruppe Bürgerschaftliches Engagement und Bürgerhaushalt: Kinderfest am 1. Juni, die Vorbereitungsgruppe trifft sich am 6. März um 16.30 Uhr im Waldhaus; drei Mal im Jahr sonnabends von 8 bis 12 Uhr ein Frühstück für Kinder, Anlaufstelle ist der Verein Waldhaus; außerdem geht es in nächsten Treffs um die Textbausteine für den Sozialteil der Agenda.

Arbeitsgruppe Natur, Erholung und Umwelt: nächster Treff 29. Februar um 18 Uhr in der Volkssolidarität, um den Umwelttag Sauberer Pechpfuhl am 29. März ab 10 Uhr vorzubereiten.

Arbeitsgruppe Jugendliches Engagement/Kultur: Interessierte treffen sich am 10. März um 19 Uhr im oberen Konzertraum des Kulturhaus-Seitenflügels, um vor allem das diesjährige Brückenfest am 12. und 13. September vorzubereiten.

Arbeitsgruppe Stadtentwicklung: Interessierte können den stellvertretenden Bürgermeister Wilfried Thielicke ansprechen, um vor allem am Integrierten Stadtentwicklungskonzept für den Wachstumskern Ludwigsfelde mitzuarbeiten,
0 33 77/ 82 71 10.

Arbeitsgruppe Bürgerbeteiligung und Bürgerhaushalt: kam noch nicht zustande.


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